Bericht aus Malawi – Dezember

Bericht aus Malawi – Dezember

News vom 11.12.2024

Hallo alle miteinander!

Ich durfte mittlerweile viel in Malawi erleben, wovon ich euch jetzt erzählen möchte.

Ich muss sagen ich habe mich in Malawi verliebt.

Alle haben mir immer erzählt, dass Malawi das freundlichste Land Afrikas ist. Als ich dann mal für eine Nacht in Mosambik wegen meinem Visa war, seitdem kann ich das nur bestätigen. Ich habe die Leute von Malawi so sehr vermisst. Sie sind extrem freundlich und sehr hilfsbereit. Ich stand einmal sehr verloren beim Markt und wusste nicht wo Minibusse sind, damit ich weiterfahren kann. Dann hat sich mir eine Dame einfach vorgestellt, ist von sich aus auf mich zugekommen und hat gefragt, wo ich denn hinwolle. Sie hat sich 10 Minuten Zeit genommen, damit ich die billigste und schnellste Variante bekomme. Die Leute führen einen immer direkt zum Ort.

In Deutschland beschreibt man nur den Weg: „Du gehst die Straße geradeaus, danach biegst du links ab, …“.

Hier ist niemand gestresst. Die Leute nehmen sich Zeit. Wenn sie sehen, dass ich in deren Richtung muss, halten Autos an und fragen ob ich mitkommen will. Ich hatte eine Nachbarin in Deutschland, die zur gleichen Schule musste und immer mit dem Auto gefahren ist. Auch wenn sie mich immer am Morgen gesehen hat, hat sie mich noch nie mitgenommen. Und hier ist mir das schon über 5-mal passiert.

Das einzige was mich stört oder mir manchmal sehr viel Angst bereitet, sind die Betrunkenen, die nicht lockerlassen. Sie tippen einen die ganze Zeit an, schreien:
„I love you. give me a kiss“, stoßen die Menschen um mich herum weg, dass nur sie mit mir reden können.

Einmal hat ein Betrunkener dann die Fensterscheibe vom Minibus abgeknutscht. Das war mein schlimmstes Erlebnis. Das mit dem „I love you, I miss you“, ist aber tatsächlich voll normal. Wenn ich auf den Limbe Markt gehe, der sehr groß ist, da höre ich das in kürzester Zeit mindestens 5 mal. Und Heiratsanträge habe ich auch schon sehr oft bekommen.

Als weiße Person ist man hier immer was Besonderes. Das macht auch der Ruf „Azungo“ klar. „Die Weiße“. Das ist aber gar nicht böse gemeint, sondern sie freuen sich über einen. Es kann aber auch echt anstrengend sein, fast immer im Mittelpunkt zu stehen, egal wo man hin geht.

Die letzten beiden Monate war ich noch nie alleine draußen unterwegs. Mittlerweile habe ich mich an alles gewöhnt und kenne mich gut aus. Dann fühle ich mich sicher und war schon paarmal jetzt alleine unterwegs.  Man kommt mit fremden Menschen so schnell ins Gespräch und kann sich sehr leicht connecten. Am Tag könnte man ungelogen 10 neue Freunde machen.

Ich liebe es mit Menschen zu reden. Man erfährt viele interessante Dinge, kann von ihnen lernen und sich so auch die Zeit beim Minibus fahren vertreiben. Tatsächlich lerne ich durch die Malawische Kultur meine eigene immer mehr kennen. So merke ich, was ich wertschätze und was mir aber auch nicht so gefällt. 

Ich durfte auch eine Safari Tour machen, wo ich mit dem Minibus hingefahren bin. Und je weiter man weggefahren ist von der Stadt, desto mehr Armut habe ich gesehen. Das hat mich sehr mitgenommen. Sehr kleine Häuser, teilweise ohne Dach, Fensterscheiben und Türen. Und wenn, dann gab es einen Vorhang aus einem Tuch. Keine Lichter in den Häusern. Die Kinder hatten eine sehr berührende Art mit ihrer Armut umzugehen und wurden sehr kreativ. Sie haben aus dem Müll Plastiktüten rausgesucht und einen Fußball zusammengebunden und dann damit gespielt.

Und direkt neben solchen Häusern ist ein Nationalpark, wo sich gut um die Tiere gekümmert wurde. Das ist ein komisches Gefühl gewesen. Die Natur war atemberaubend. Alle Tiere haben wild gelebt und wild gejagt. Das war schön zu sehen, dass sie nicht in Käfigen eingesperrt sind. Teilweise sind Nilpferde oder Büffel im Camp gewesen. Man hat außerdem Krokodile, Komodowarane, Löwen, Affen, Antilopen, Elefanten und eine Vielzahl an unterschiedlichen bunten Vogelarten gesehen. Man konnte einen Game-Drive in einem Safari Auto und im Boot machen.

In Mosambik waren letztens erst Wahlen, womit heftige Proteste und Demonstrationen entstanden sind. Das schlimme an den Wahlen ist, dass die Stimmen gekauft werden. Und zwar von den Leuten, die eh so schwach sind und auf das Geld angewiesen sind. Straßenkinder werden bestochen mit Geld oder man schenkt ihnen T-Shirts, obwohl sie keine Ahnung haben, welche Person ihnen letztlich wirklich helfen wollen, denken sie dann positiv von dieser Person und wählen sie. Und es gibt viele Menschen die auf der Straße leben. Das Traurige ist, dass die Regierung die Möglichkeiten hätte um zu helfen, nur leider machen sie nichts draus und leben selber schön.

Der letzte Stand war, dass ich noch nicht in der nursery school von den Straßenkindern war. Und ich liebe es dort. Viele kleine süße Kinder. Die Kindergärtner sorgen sich sehr gut um sie und sie hören echt gut. Sie weinen öfters, weil sie ihre Eltern vermissen oder weil sie sich gestritten haben. Dann nehme ich sie in den Arm und tröste sie. Dann ist immer wieder alles gut. Ich kann mich leider nicht mit ihnen auf Chichewa, deren Muttersprache hier in Malawi unterhalten. Ich kenne nur ein paar Wörter, aber die bringen es auch. Ich singe und tanze mit ihnen. Lese Geschichten auf Englisch vor, dann wird auf Chichewa übersetzt. Sie lernen sich auf Englisch vorzustellen, wie Tiere heißen, das ABC, …

Paar Eltern, die es sich leisten konnten, haben ihren Kindern Snacks mitgegeben. Die meisten hatten keine und waren dann sehr traurig. Das fand ich so schlimm mit anzusehen. Dann wurde ein Meeting mit den Eltern vereinbart, von 75 Kindern, dass sie die Snacks, wenn dann zuhause geben sollen. Und somit gibt es das nicht mehr. Was ich aber sehr schade finde, dass nur 3 Eltern ihre Kinder abholen. Ansonsten laufen die 2-4-jährigen ganz alleine nachhause. Auch wenn es nicht sehr weit ist. Ich finde das immer noch zu gefährlich.

Dort vorbei sehe ich immer einen kleinen Fluss, der komplett dreckig und verschmutzt ist. Dort waschen die Dorfbewohner ihre Klamotten. Das ist sehr heftig. Da haben wir es in Deutschland echt gut, auch mit einer Wachmaschine, die die ganze Arbeit abnimmt.

Ich hatte auch noch einen Street Outreach letzte Woche. Dort war ich zum ersten Mal in der Nacht draußen. Dann sieht man, wer wirklich auf der Straße lebt. Ich war erstaunt. Die Märkte hatten im Dunkeln draußen immer noch auf. Sie arbeiten teilweise von 6 Uhr morgens bis um 21 Uhr. Das ist so lange. Wir waren mit 2 Pastoren, John Disi, dem Mthunzi-Leiter und noch weiteren Mitarbeitern und Helfern. Es wurde gepredigt und gebetet. Danach haben wir Reis mit Eiern und Tomatensoße verteilt, sowie jeweils ein Getränk. Mich hat erstaunt, dass es für paar zweite Portionen gereicht. Am Nachmittag waren es 60 Leute dort und am Abend über 130. Ein älterer Mann hat sich richtig über sein Essen gefreut, er ist zu mir hin, hat „thank you“ gesagt und ist im Kreis umhergesprungen vor Freude. Es waren sehr viele Erwachsene, Behinderte und viele Kinder. Sie wollten uns ihr „Haus“ zeigen und waren glücklich. Sie lagen auf einem sehr dünnem Tuch auf dem kalten und vermüllten Boden. Auch in Plastiktüten, um sich vor den Malaria Mücken zu schützen.

John hat mit 8 Straßenkindern geredet und alle wollten am liebsten gleich mit zu seinem Boys Home. Dann hat er für den nächsten Tag ein Treffen organisiert, damit man auch mit ihren Eltern redet und mehr über ihre Situation herausfindet. Manchen Straßenkindern kann man zuhause mit Material versorgen, bei vielen ist es aber sehr schlimm, sodass Mthunzi sie in ein Safe Home aufnimmt, weil die Familie sie vernachlässigt oder nicht gut mit ihnen umgehen. Danach haben sie uns alle zum Auto gesungen und getanzt. Das war eine sehr spannende und zutiefst bewegende Erfahrung.

Und eins kann ich sagen: Singen und Tanzen ist hier Kultur. Jeder kann anfangen zu singen und zu tanzen, auch diejenigen, die es vielleicht nicht so gut können. Selbst draußen ist das voll normal. Besonders die ganzen Mädchen im Girls Home können unfassbar gut tanzen. Letztens war ein sehr besonderes Erlebnis für sie. Eine Frau die hier zu Besuch war, hat fundraising gemacht und uns alle dann zu einem Swimmingpool mit Essen und Trinken eingeladen. Als die Mädels den Pool gesehen haben, waren sie so erstaunt und haben sich mega gefreut. Es ist unfassbar klares Wasser gewesen, was hier gar nicht selbstverständlich ist. Dann haben wir bei kaltem Wetter trotzdem gebadet, gesungen, getanzt und Spaß gehabt. Ich habe ein paar Mädels schwimmen beigebracht, viele können es gar nicht. Später beim Essenstisch wussten die Mädchen nicht, wie man Wraps isst und wie man Besteck benutzt. Hier isst man alles mit der Hand. Spart auch einiges an Geld. Und das finde ich so krass, wie das in Deutschland so eine Selbstverständlichkeit ist. Sie hatten Freude daran, als wir ihnen das beigebracht haben.

Das war ein richtiges Highlight für alle. Gerade weil das in Limbe war und alle damit ihr Straßenleben mit betteln, Hunger, flucht von Zuhause, etc. verbinden. Und jetzt haben sie auch positive Erinnerungen an diese Gegend.

Ansonsten trage ich Bibelgeschichten vor und versuche, sie noch näher zu Gott zu bringen. Ich gebe ihnen Nachhilfe, wenn sie fragen oder Schwierigkeiten in der Schule haben. Ich mach viele verschiedene Aktivitäten mit ihnen, um sie auch kreativ zu fördern und sportlich auszulasten. Ab und zu übernachte ich dort und mache dann einen Filmabend, wo wir christliche Filme anschauen. Manchmal kann es aber auch anstrengend sein, weil es sehr viele Mädchen (31), mit sehr viel Energie sind und am liebsten immer mehr machen wollen. Was auch sehr toll ist, dass man mit ihnen so viel unternehmen kann. Ich habe immer sehr viel Spaß mit ihnen.

Bei dem Outreach hat John auch noch mit einem netten Jungen geredet, der um die 21 Jahre alt war. Als wir dann später im Auto saßen, ist er hinterhergelaufen. Dann habe ich ihn gefragt, was mit ihm ist. Er meinte, dass er eine psychische Krankheit hat und dass er erzählt hat, dass seine Familie seinen Bruder umgebracht hat und dass sie ihn auch nicht mögen. Deshalb ist er weggerannt. Und er hat täglich Visionen, was am nächsten Tag passieren wird und das erzählt er immer anderen. Deswegen hat er auch keine Freunde, er ist ganz allein. Dann habe ich gefragt, ob man ihn denn nicht ins Boys Home aufnehmen könnte. John meinte, dass das leider nicht gehen würde, weil sie keine dafür ausgebildeten Leute haben, die sich gut um ihn kümmern könnten. Und so würde er, wenn dann eine Gefahr für die anderen darstellen. Wenn Mthunzi genug Geld für dieses Projekt und Mitarbeiter haben, die sich um psychisch kranke Menschen kümmern können, dann will er das machen, damit auch solche Leute eine gute Hilfe bekommen. Ich musste immer wieder darüber nachdenken, wie gerne ich diesem Jungen geholfen hätte.

Ihr könnt sehr gerne für Mthunzi beten, dass sie genug Spenden bekommen und wenn ihr Leute kennt, die gut ausgebildet für so was sind, kann ich sehr gerne den Kontakt herstellen. Vielen Dank für jegliche Unterstützung.

Ganz viele und liebe Grüße und fröhliche Weihnachten schon mal im Voraus und einen guten Rutsch ins neue Jahr mit Gottes Segen!

Miriam Dreier